Arbeitszeiterfassung nach dem Gesetz: Ihre Pflichten als Arbeitgeber

Kategorie: Arbeitsrecht allgemein

Die Arbeitszeiterfassung ist Pflicht – doch was genau verlangt das Gesetz von Arbeitgebern? Von gesetzlichen Grundlagen bis hin zu praktischen Tipps: Hier erfahren Sie, wie Sie die Vorgaben rechtssicher umsetzen und welche Fehler es zu vermeiden gilt.

Frau prüft Uhrzeit mit Notizbuch.

Einleitung: Die Bedeutung der Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber

Die gesetzliche Arbeitszeiterfassung ist ein zentrales Thema im deutschen Arbeitsrecht und wird immer wichtiger – nicht zuletzt aufgrund aktueller Rechtsprechung. Viele Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, die Vorgaben korrekt umzusetzen und dabei auch die Interessen ihrer Mitarbeitenden zu berücksichtigen. In diesem Beitrag beleuchten wir die gesetzlichen Grundlagen und geben praktische Tipps für die Umsetzung.

Die rechtliche Basis: Warum Arbeitszeiterfassung verpflichtend ist

Die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung basiert auf der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das sich wiederum auf europäische Vorgaben stützt. Das BAG hat entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden vollständig und nachvollziehbar zu erfassen. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel hat.

Obwohl das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bisher nicht konkret angepasst wurde, ist der Gesetzgebende aufgefordert, dieses zu modernisieren. Derzeit existiert lediglich eine Gesetzesvorlage, die noch nicht verabschiedet wurde.

Die Gerichte orientieren sich jedoch an der bestehenden Rechtsprechung, sodass Arbeitgeber faktisch bereits jetzt verpflichtet sind, die Arbeitszeit zu erfassen – auch ohne eine explizite gesetzliche Regelung.

Was bedeutet das konkret für Arbeitgeber?

  • Die gesamte Arbeitszeit muss dokumentiert werden, nicht nur Überstunden.
  • Die Arbeitszeiterfassung muss vollständig und nachvollziehbar sein.
  • Es besteht keine Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung, diese wird jedoch als praktikabelste Lösung angesehen.

Welche Zeiten müssen erfasst werden?

Die Erfassungspflicht umfasst sämtliche Arbeitszeiten eines Mitarbeitenden, einschließlich:

Kernarbeitszeiten: Die regulären Arbeitszeiten laut Arbeitsvertrag.

Überstunden: Diese mussten auch bisher dokumentiert werden, nun aber im Kontext der gesamten Arbeitszeit.

Flexible Arbeitszeiten: Gerade bei Homeoffice oder mobiler Arbeit ist eine lückenlose Erfassung erforderlich.

Herausforderungen und rechtliche Risiken

1. Veraltetes Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) wurde zuletzt 1994 angepasst und spiegelt die moderne Arbeitswelt nicht mehr wider. In einer Zeit, in der Homeoffice und mobiles Arbeiten zunehmend üblich sind, wirkt das Gesetz antiquiert. Dennoch gelten seine Vorgaben weiterhin.

2.Maximale Arbeitszeiten

Das Arbeitszeitgesetz sieht eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden vor, die ausnahmsweise auf zehn Stunden verlängert werden kann. Innerhalb von 24 Wochen oder sechs Monaten darf die durchschnittliche Arbeitszeit jedoch nicht mehr als acht Stunden pro Tag betragen.

Besonders in Branchen mit Fachkräftemangel, wie der Produktion, wird gegen diese Regelung oft verstoßen. Mitarbeitende arbeiten freiwillig länger, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Doch auch bei Einverständnis der Mitarbeitenden bleibt dies unzulässig.

3. Sanktionen bei Verstößen

Kontrollen durch Behörden, wie in NRW die Bezirksregierung, können bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz empfindliche Bußgelder nach sich ziehen. Arbeitgeber, die sich nicht an die Erfassungspflicht halten, riskieren hohe Strafen, unabhängig davon, ob Mitarbeitende mit den Arbeitszeiten einverstanden sind.

4. Häufige Fehler

Ein häufiger Fehler ist, dass lediglich Kernarbeitszeiten erfasst werden, während Überstunden unter den Tisch fallen. In anderen Fällen wird die Arbeitszeiterfassung nur unzureichend dokumentiert, insbesondere bei Mitarbeitenden im Homeoffice oder im Außendienst.

Praktische Umsetzung der Arbeitszeiterfassung

Die praktische Umsetzung der Arbeitszeiterfassung sollte sorgfältig geplant und auf die individuellen Anforderungen des Unternehmens abgestimmt werden.

1. Elektronische Systeme: Der Schlüssel zur Effizienz

Während eine papierbasierte Erfassung rechtlich zulässig ist, bietet die elektronische Zeiterfassung entscheidende Vorteile:

Flexibilität: 

Mitarbeitende können ihre Zeiten ortsunabhängig erfassen, z. B. über eine App.

Transparenz: 

Alle Arbeitszeiten sind zentral gespeichert und leicht nachvollziehbar.

Rechtssicherheit: 

Die vollständige Dokumentation schützt vor rechtlichen Konsequenzen.

Ein geeignetes System sollte benutzerfreundlich sein, idealerweise mobil nutzbar sein und die Anforderungen verschiedener Arbeitsmodelle wie Homeoffice und flexible Arbeitszeiten berücksichtigen.

2. Sensibilisierung der Belegschaft

Die Einführung eines Zeiterfassungssystems erfordert eine klare Kommunikation mit den Mitarbeitenden. Es sollte verdeutlicht werden, dass die Erfassung nicht der Kontrolle dient, sondern gesetzliche Anforderungen erfüllt und die Rechte der Mitarbeitenden schützt.

3. Besonderheiten in der Praxis

In Produktionsbetrieben, wo oft hohe Arbeitszeiten anfallen, ist die Einhaltung der Vorgaben besonders kritisch. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass sowohl die maximale Arbeitszeit als auch die Ruhezeiten eingehalten werden. Regelmäßige Schulungen und Audits können helfen, die Einhaltung zu gewährleisten.

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Best Practices und Tipps für Arbeitgeber

Um die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung erfolgreich umzusetzen, sollten Arbeitgeber frühzeitig handeln und sich bereits jetzt an der aktuellen Rechtsprechung orientieren, anstatt auf eine zukünftige gesetzliche Regelung zu warten. 

Eine Investition in digitale Lösungen ist dabei besonders empfehlenswert, da moderne Zeiterfassungssysteme die Einhaltung der Vorschriften erheblich erleichtern und gleichzeitig Transparenz schaffen. 

Zudem ist es wichtig, Führungskräfte und Mitarbeitende kontinuierlich zu schulen, um das Bewusstsein für die Bedeutung der Arbeitszeiterfassung zu stärken und mögliche Fehler zu vermeiden. 

Parallel dazu sollten interne Prozesse regelmäßig überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie mit den geltenden gesetzlichen Anforderungen übereinstimmen. 

Eine offene und transparente Kommunikation ist hierbei entscheidend – durch die Einbindung der Mitarbeitenden in den Prozess können nicht nur Akzeptanz, sondern auch eine gemeinsame Verantwortung für die Einhaltung der Arbeitszeiterfassung gefördert werden.

Fazit: Pflicht und Chance zugleich

Die gesetzliche Arbeitszeiterfassung ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine Chance, Transparenz und Fairness im Unternehmen zu fördern. Arbeitgeber sollten die Gelegenheit nutzen, moderne Systeme einzuführen und ihre Prozesse zu optimieren. Eine rechtssichere und effiziente Erfassung der Arbeitszeit schützt vor Sanktionen und stärkt gleichzeitig das Vertrauen der Mitarbeitenden.

Die Zeit zum Handeln ist jetzt – auch ohne eine endgültige gesetzliche Regelung ist klar: Arbeitgeber, die proaktiv handeln, sind auf der sicheren Seite und schaffen die Grundlage für eine moderne Arbeitskultur.

Wenn Sie Unterstützung bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung benötigen oder rechtliche Fragen klären möchten, stehe ich Ihnen als erfahrene Fachanwältin für Arbeitsrecht gerne zur Verfügung – kontaktieren Sie mich einfach für eine individuelle Beratung!

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