Vorsicht, unwirksam! Wann Kündigungen in der Probezeit scheitern

Kategorie: Abmahnung und Kündigung

Die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses gelten für viele Arbeitgeber als „sichere Zone“, in der Kündigungen unkompliziert und ohne großes Risiko ausgesprochen werden können. Doch Vorsicht: Auch in der Probezeit gibt es rechtliche Grenzen, die schnell übersehen werden und eine Kündigung unter Umständen unwirksam machen.

Ob Maßregelungsverbot, Mutterschutz oder weitere Sonderregelungen – in diesem Fachbeitrag zeige ich Ihnen, worauf Arbeitgeber bei Kündigungen in der Probezeit unbedingt achten sollten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu bleiben.

Rechtliche Grenzen bei Probezeit-Kündigungen, Laptop und Kaffee

Mythos „Kündigung jederzeit möglich“

Viele Arbeitgeber gehen davon aus, dass in der Probezeit – meist die ersten sechs Monate eines neuen Arbeitsverhältnisses – eine Kündigung jederzeit und ohne besondere Hürden möglich ist. Das stimmt grundsätzlich: Während der Probezeit gelten erleichterte Kündigungsbedingungen, insbesondere eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB), und das Kündigungsschutzgesetz greift in dieser Zeit in der Regel noch nicht.

Aber: Auch innerhalb dieser „Schonfrist“ für Arbeitgeber ist nicht jede Kündigung automatisch wirksam. Es gibt gesetzliche Ausnahmen und Grenzen, die Arbeitgeber unbedingt kennen und beachten sollten. 

Kündigung trotz Probezeit – was gilt grundsätzlich?

Während der Probezeit ist eine Kündigung ohne Angabe von Gründen möglich. Arbeitgeber müssen keine soziale Rechtfertigung vorbringen, wie es nach Ablauf der sechs Monate und Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes der Fall wäre.

Trotzdem gilt: Nicht jede Kündigung ist per se rechtlich wirksam. Denn auch in der Probezeit gibt es gesetzliche Schutzvorschriften, deren Missachtung zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen kann. Dazu zählen insbesondere:

  • das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB),
  • der Sonderkündigungsschutz, etwa für Schwangere (§ 17 MuSchG),
  • sowie mögliche Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Das Maßregelungsverbot – ein häufig übersehener Stolperstein

Ein zentraler Aspekt, der auch in der Probezeit greift, ist das sogenannte Maßregelungsverbot (§ 612a BGB). Dieses schützt Arbeitnehmende davor, benachteiligt oder gekündigt zu werden, nur weil sie ihre Rechte ausüben.

Ein Beispiel aus der Praxis: 

Ein Mitarbeitender soll kurzfristig Überstunden leisten, obwohl im Arbeitsvertrag keine entsprechende Regelung getroffen wurde. Der Arbeitnehmende verweigert dies mit Verweis auf seine vertraglichen Rechte und private Verpflichtungen – etwa die Betreuung eines kleinen Kindes. Kurze Zeit später spricht der Arbeitgeber die Kündigung aus.

Rechtliche Bewertung:

Wenn nachweisbar ist, dass der einzige oder hauptsächliche Grund für die Kündigung die berechtigte Weigerung zur Leistung von Überstunden war, liegt ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Der Arbeitnehmer wurde für die Ausübung eines ihm zustehenden Rechts benachteiligt – die Kündigung ist unwirksam.

Wichtig: 

In der Praxis ist der Nachweis der „Motivation“ hinter der Kündigung oft schwierig, aber nicht unmöglich. Eine saubere Dokumentation und ggf. Zeugenaussagen können hier entscheidend sein.

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Kündigungsschutz bei Schwangerschaft – auch in der Probezeit

Ein weiterer besonders relevanter Punkt betrifft schwangere Arbeitnehmerinnen. Viele Arbeitgeber übersehen, dass Schwangere ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses einem besonderen Kündigungsschutz unterliegen – ganz gleich, ob sie sich in der Probezeit befinden oder nicht.

Das bedeutet konkret: Eine Kündigung während der Probezeit ist unwirksam, wenn die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger ist – selbst wenn sie zu diesem Zeitpunkt selbst noch nichts von der Schwangerschaft weiß. Der besondere Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz (§ 17 MuSchG) greift hier unmittelbar.

Wird dennoch eine Kündigung ausgesprochen und die Schwangerschaft dem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt, ist diese grundsätzlich unwirksam. In Ausnahmefällen kann die zuständige Aufsichtsbehörde eine Kündigung zulassen – dies ist jedoch äußerst selten und an strenge Voraussetzungen geknüpft.

Schwerbehinderung: Kein automatischer Schutz in der Probezeit

Anders als bei Schwangeren gilt bei schwerbehinderten Menschen während der Probezeit kein besonderer Kündigungsschutz durch das Integrationsamt. Grundsätzlich gilt: In der Wartezeit greift das KSchG nicht, und auch die Zustimmung des Integrationsamts ist nicht erforderlich.

❗ Aber: Manche Gerichte verlangen trotzdem ein Präventionsverfahren nach § 167 SGB IX. Fehlt dieses, kann das als Diskriminierung gewertet werden und die Kündigung unwirksam machen.

⚖️ Das Thüringer LAG (Urt. v. 01.06.2024 – 1 Sa 201/23) sieht das anders: Kein Präventionsverfahren in den ersten sechs Monaten nötig. Das BAG hat die Revision dagegen am 03.04.2025 zurückgewiesen (Az. 2 AZR 178/24), was als Bestätigung dieser Linie verstanden wird.

❓ Allerdings: Die schriftlichen Urteilsgründe des BAG stehen noch aus. Möglich ist, dass das BAG die Vermutung einer Diskriminierung bei fehlendem Präventionsverfahren bejaht, aber ein geringeres Maß an Darlegung verlangt (so etwa das LAG Köln, Urt. v. 12.09.2024 – 6 SLa 76/24).

🔔 Fazit: Restunsicherheiten bleiben – Arbeitgeber sollten hier mit Problembewusstsein vorgehen!

Fazit: Auch in der Probezeit nicht grenzenlos kündbar

Für Arbeitgeber ist es essenziell, auch während der Probezeit nicht vorschnell zur Kündigung zu greifen. Rechtliche Grenzen wie das Maßregelungsverbot oder der besondere Schutz von Schwangeren gelten auch in dieser frühen Phase des Arbeitsverhältnisses. Eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls ist daher unerlässlich, um rechtliche Risiken und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

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