Krankheit als Kündigungsgrund: Rechte und Pflichten von Arbeitgebern

Kategorie: Abmahnung und Kündigung

Kündigung wegen Krankheit? Dieses sensible Thema erfordert rechtliches Fingerspitzengefühl. Erfahren Sie, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, welche Rechte und Pflichten gelten und wie Sie als Arbeitgeber bei häufigen Fehlzeiten rechtssicher handeln können.

Kündigung bei Krankenstand rechtssicher gestalten

Herausforderung krankheitsbedingte Kündigung

Die Kündigung eines Mitarbeitenden aufgrund von Krankheit ist rechtlich äußerst anspruchsvoll. Der Gesetzgeber schützt Arbeitnehmende durch klare Regeln, die Arbeitgeber unbedingt einhalten müssen.

Krankheit allein reicht nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Entscheidend ist vielmehr, dass aus der Krankheitsgeschichte eine negative Prognose für die Zukunft abgeleitet werden kann.

Wann ist eine Kündigung wegen Krankheit möglich?

Eine Kündigung wegen Krankheit kann nicht willkürlich ausgesprochen werden. 

Damit eine krankheitsbedingte Kündigung rechtlich Bestand hat, müssen drei zentrale Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Negative Gesundheitsprognose

Die wichtigste Voraussetzung ist eine negative Gesundheitsprognose. Das bedeutet, dass aufgrund der Krankheitsgeschichte zu erwarten ist, dass der Mitarbeitende auch zukünftig überdurchschnittlich oft ausfallen wird. Diese wird aus der Rückschau der letzten drei Jahre abgeleitet. Wenn ein Mitarbeiter beispielsweise in drei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils mehr als sechs Wochen krank war, spricht dies für eine solche Prognose.

Der Arbeitnehmende muss in jedem der drei Jahre mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig gewesen sein. Diese Grenze ist gesetzlich vorgegeben und dient als Gradmesser für die Zumutbarkeit.

Beispiel: Wenn Sie als Arbeitgeber im Jahr 2025 eine Kündigung aussprechen wollen, müssen Sie nachweisen können, dass der Mitarbeitende in den Jahren 2022, 2023 und 2024 jeweils mehr als sechs Wochen gefehlt hat.

Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Abgrenzung zwischen kurzzeitigen und langfristigen Erkrankungen. Kurzfristige Fehlzeiten – etwa „hier mal eine Woche, dort ein paar Tage“ – können auf den ersten Blick unproblematisch erscheinen. Doch wenn diese sich summieren und auf eine anhaltende Problematik hindeuten, kann dies ebenfalls die Grundlage für eine negative Prognose bilden.

Wichtig zu beachten ist also: Entscheidend ist nicht die Krankheit selbst, sondern die fehlende Perspektive, dass der Mitarbeitende künftig wieder regelmäßig arbeiten kann.

2. Erhebliche betriebliche Beeinträchtigung

Die Fehlzeiten des Mitarbeitenden müssen den Betriebsablauf erheblich stören. Beispiele hierfür sind:

  • Häufiger Ausfall und Schwierigkeiten bei der Organisation von Vertretungen.
  • Finanzielle Belastungen durch ständige Entgeltfortzahlungen.
  • Eingeschränkte Planbarkeit und Produktivitätsverluste.

In der Praxis zeigt sich häufig, dass insbesondere kleinere Unternehmen unter wiederkehrenden Fehlzeiten eines Mitarbeitenden leiden.

Hierbei müssen Arbeitgeber jedoch sorgfältig dokumentieren, wie diese Fehlzeiten konkret den Betriebsablauf beeinträchtigen.

3. Interessenabwägung

Selbst wenn die ersten beiden Punkte erfüllt sind, muss im Einzelfall eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei wird geprüft, ob die Belastung des Arbeitgebers größer wiegt als das Interesse des Arbeitnehmenden an der Beibehaltung seines Arbeitsplatzes.

Besonders schutzbedürftig sind Arbeitnehmende, die aufgrund schwerwiegender oder chronischer Erkrankungen länger ausfallen. Hier wird geprüft, ob dem Arbeitgeber nicht dennoch zugemutet werden kann, den Arbeitnehmenden weiter zu beschäftigen.

Wir machen Arbeitgeber stark!

Ihr Weg zu einem gesunden und stabilen Arbeitsumfeld.

Welche gesetzlichen Vorgaben sind zu beachten?

Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Andernfalls kann eine Kündigung als unwirksam angesehen werden.

Sechs-Wochen-Regelung

Das Entgeltfortzahlungsgesetz sieht vor, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmenden bis zu sechs Wochen pro Jahr Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gewähren muss. Diese Zeitspanne ist vom Arbeitgeber zu akzeptieren. Erst bei übermäßigen Fehlzeiten, wenn der Mitarbeitende in drei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils mehr als sechs Wochen krank war, kann eine Kündigung in Betracht gezogen werden.

Wichtig: Arbeitgeber können nicht allein aufgrund der 3-maligen Überschreitung der sechswöchigen Grenze kündigen. Es bedarf zusätzlich der negativen Gesundheitsprognose, des Nachweises der erheblichen betrieblichen Beeinträchtigung, der Durchführung eines BEM-Verfahrens und der Interessenabwägung, die zum Nachteil für den Arbeitnehmer ausfällt.

Unzulässigkeit der Kündigung

Eine Kündigung kann unzulässig sein, wenn keine ausreichende Dokumentation der Fehlzeiten nachgewiesen werden kann oder alternative Einsatzmöglichkeiten für den Mitarbeitenden nicht geprüft wurden. Auch dürfte eine Kündigung sozial ungerechtfertigt sein, wenn eine Rückkehr des Mitarbeitenden absehbar ist.

Ein Beispiel: Ein Mitarbeitender, der aufgrund einer Operation drei Monate ausfällt, jedoch absehbar wieder voll einsatzfähig wird, liefert keinen Kündigungsgrund, da eine positive Prognose für die Zukunft besteht. 

Was tun bei kurzen Betriebszugehörigkeiten?

Ein häufiges Problem tritt auf, wenn ein Mitarbeitender zwar erst kurz im Betrieb ist – beispielsweise seit 1,5 Jahren – aber bereits überdurchschnittlich häufig krank war.

In solchen Fällen liegen die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung oft nicht vor, da die Rechtsprechung auf eine längere Betrachtung der Krankheitsgeschichte (drei Jahre) abzielt.

Kündigung ohne Erfüllung aller Voraussetzungen?

Auch in solchen Situationen ist eine Kündigung möglich, jedoch mit erhöhtem Risiko, dass sie vor Gericht nicht Bestand hat, jedenfalls wenn sie nur auf die Fehlzeiten gestützt wird. Es gibt jedoch Strategien, die Arbeitgeber anwenden können, um dennoch zu einer Beendigung zu gelangen.

Dokumentation und Analyse: 

Auch bei kurzer Betriebszugehörigkeit sollte jede Fehlzeit gut dokumentiert und die betriebliche Beeinträchtigung klar dargelegt werden.

Schnell handeln: 

Arbeitgeber sollten mit dem Arbeitnehmer in eine Beendigungsverhandlung eintreten. Je kürzer das Arbeitsverhältnis besteht, desto geringer die Abfindung.  Arbeitnehmer, die häufig krank sind, haben in der Regel auch kein großes Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Individuelle Lösungsansätze: 

Beratung durch Fachanwälte hilft, Strategien zu entwickeln, die auf den spezifischen Fall zugeschnitten sind.

Wichtig ist, sich in solchen Fällen nicht von den formalen Hürden abschrecken zu lassen. Handlungsfähigkeit bedeutet, die Situation zu analysieren, mögliche rechtliche Wege auszuloten und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Praktische Tipps für Arbeitgeber

Dokumentation und Gespräche

Arbeitgeber sollten die Fehlzeiten ihrer Mitarbeitenden sorgfältig dokumentieren und das Gespräch suchen. Oft lassen sich Missverständnisse oder Probleme durch einen offenen Dialog klären.

Beratung durch Fachanwälte

Gerade bei komplexen Fällen empfiehlt es sich, eine rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Ein Fachanwalt kann dabei helfen, die Chancen und Risiken einer Kündigung abzuwägen.

Betriebliche Eingliederungsmaßnahmen

Vor einer Kündigung sollten Arbeitgeber alle möglichen Maßnahmen zur Wiedereingliederung prüfen. Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist hierbei ein wichtiger Baustein und regelmäßig Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung.

Individuelle Strategien entwickeln

In Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung noch nicht erfüllt sind, können Arbeitgeber dennoch individuelle Strategien entwickeln. Diese können helfen, rechtliche Risiken zu minimieren und dennoch handlungsfähig zu bleiben.

Fazit: Krankheit als Kündigungsgrund erfordert klare Perspektiven

Krankheit allein ist kein Kündigungsgrund. Entscheidend ist, ob eine negative Prognose besteht, dass der Mitarbeitende auch in Zukunft regelmäßig ausfällt. Die gesetzlichen Anforderungen – insbesondere die Drei-Jahres-Regel und die Sechs-Wochen-Grenze – schaffen dabei einen engen Rahmen.

Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie nicht sofort resignieren müssen, wenn die formalen Voraussetzungen noch nicht erfüllt sind. Mit sorgfältiger Dokumentation, klaren Strategien und rechtlicher Beratung lassen sich auch komplexe Situationen lösen.

Wenn Sie Unterstützung bei einem konkreten Fall benötigen, stehe ich Ihnen als Fachanwältin für Arbeitsrecht gerne zur Seite. 

Individuelle Fragen zum Thema oder sonstige Anliegen?