Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Verhaltensbedingte Kündigung erfolgreich durchsetzen

Kategorie: Abmahnung und Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung stellt Arbeitgeber oft vor Herausforderungen. Welche Gründe sind zulässig, welche Nachweise sind erforderlich und wann ist eine Abmahnung nötig? In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige zur rechtssicheren Umsetzung und vermeiden typische Fehler.

Mann mit Karton bei Kündigung im Büro

Einführung in die verhaltensbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung stellt für Arbeitgeber eine Möglichkeit dar, das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer zu beenden, wenn dieser bewusst gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt. Im Gegensatz zu personenbedingten Gründen, die auf gesundheitlichen oder persönlichen Einschränkungen beruhen, kann der Arbeitnehmer sein Verhalten in diesen Fällen steuern, entscheidet sich jedoch bewusst gegen die Einhaltung seiner Pflichten. 

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Gründe eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, welche Nachweispflichten der Arbeitgeber hat und welche Rolle der Betriebsrat spielt. Zudem erhalten Sie praxisnahe Tipps zur korrekten Dokumentation von Pflichtverletzungen.

Verhaltensbedingte Kündigungsgründe im Überblick

Die häufigsten Gründe für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sind:

Unentschuldigtes Fehlen: 

Das Nichterscheinen am Arbeitsplatz ohne triftigen Grund stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmenden dar.

Verspätetes Erscheinen: 

Wiederholtes unentschuldigtes Zu-spät-Kommen kann, insbesondere bei vorheriger Abmahnung, eine Kündigung rechtfertigen.

Störung des Betriebsfriedens: 

Konflikte mit Kollegen, verbale Auseinandersetzungen oder das Verbreiten negativer Stimmung beeinträchtigen die Arbeitsatmosphäre.

Diebstahl und Betrug: 

Die Entwendung von Firmeneigentum oder Arbeitszeitbetrug durch falsche Zeiterfassungen stellen gravierende Pflichtverstöße dar, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig stören.

Schlechtleistung: 

Die bewusste und wiederholte Erbringung unzureichender Arbeitsleistungen trotz vorhandener Fähigkeiten kann ebenfalls eine Kündigung begründen.

Diese Verstöße können je nach Schwere des Einzelfalls eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Die Entscheidung hängt dabei maßgeblich von der Art und Häufigkeit des Fehlverhaltens sowie dessen Auswirkungen auf den Betrieb ab.

Nachweispflicht des Arbeitgebers

Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber. Er muss konkret darlegen und dokumentieren, wann und in welchem Umfang ein Arbeitnehmender gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Allgemeine Aussagen wie „Der Mitarbeitende kam regelmäßig zu spät“ reichen nicht aus. Vielmehr müssen die Verstöße präzise erfasst werden:

Datum und Uhrzeit des Verstoßes: 

Beispielsweise „Am 12. Juni 2024 erschien der Mitarbeitende um 09:45 Uhr statt um 08:00 Uhr.“

Art der Pflichtverletzung: 

Eine präzise Beschreibung der Abweichung von der vertraglich vereinbarten Leistung ist notwendig.

Auswirkungen auf den Betrieb: 

Dazu zählen Störungen im Arbeitsablauf, negative Auswirkungen auf das Team oder wirtschaftliche Schäden.

Diese detaillierte Dokumentation ist entscheidend, um die Kündigung im Streitfall vor Gericht zu rechtfertigen.

Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen wie Diebstahl oder Betrug kann unter bestimmten Voraussetzungen auch ein dringender Verdacht ausreichen, um eine Verdachtskündigung auszusprechen. Hierbei muss der Arbeitgeber jedoch vor der Kündigung eine Anhörung des Arbeitnehmers durchführen.

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Abmahnung als Voraussetzung

In den meisten Fällen muss der Arbeitgeber vor der verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung aussprechen. Diese dient als Warnung und muss sich auf das gleiche Fehlverhalten beziehen. Sie muss zudem deutlich machen, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung droht. Die Abmahnung sollte folgende Punkte enthalten:

Konkrete Beschreibung des Fehlverhaltens: 

Beispielsweise „Am 5. Mai 2024 erschien der Mitarbeitende erneut 30 Minuten zu spät.“

Hinweis auf die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten: 

Bezugnahme auf die im Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitszeiten.

Aufforderung zur Verhaltensänderung: 

Klare Aufforderung, das Fehlverhalten zukünftig zu unterlassen.

Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen: 

Hinweis, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung droht.

Ausnahmen bestehen bei schwerwiegenden Vergehen wie Diebstahl, Betrug oder körperlichen Angriffen, da hier das Vertrauensverhältnis derart gestört ist, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist.

Zustimmung des Betriebsrats

Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, muss dieser gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor Ausspruch der Kündigung angehört werden.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat über die Gründe der Kündigung detailliert zu informieren. Dabei sind folgende Punkte anzugeben:

1. Sozialdaten des betroffenen Arbeitnehmers: 

Vor- und Nachname, Unterhaltspflichten, Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Schwerbehinderung, sowie die Abteilung.

2. Art und Zeitpunkt des Fehlverhaltens: 

Genaue Beschreibung der Pflichtverletzung.

3. Bisherige arbeitsrechtliche Maßnahmen:

Informationen über vorherige Abmahnungen.

Erfolgt die Anhörung des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß, ist die Kündigung unwirksam.

Der Betriebsrat kann der Kündigung innerhalb von einer Woche widersprechen, wenn er sie für sozial ungerechtfertigt hält.

Sein Widerspruch bindet den Arbeitgeber jedoch nicht, kann aber die Erfolgsaussichten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess erhöhen.

Kündigungsschutz und außerordentliche Kündigung

Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. 

In besonders schwerwiegenden Fällen wie Diebstahl, Betrug oder Gewalt am Arbeitsplatz kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aussprechen. Dabei muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Vorfalls erfolgen.

Praktische Tipps zur Dokumentation

Um die Nachweispflicht zu erfüllen und rechtliche Risiken zu minimieren, sollten Arbeitgeber die folgenden Best Practices berücksichtigen:

Standardisierte Vorlagen: 

Verwenden Sie strukturierte Formulare zur Erfassung von Pflichtverletzungen, um die Dokumentation zu vereinheitlichen.

Konkretisierung der Vorfälle: 

Halten Sie Datum, Uhrzeit, Ort und beteiligte Personen schriftlich fest.

Archivierung von Beweisen: 

Sammeln Sie Nachweise wie E-Mails, Zeiterfassungen, Videoaufzeichnungen oder Zeugenaussagen.

Regelmäßige Schulungen: 

Sensibilisieren Sie Führungskräfte für die korrekte Dokumentation von Fehlverhalten.

Diese Maßnahmen unterstützen die rechtliche Absicherung und erhöhen die Erfolgsaussichten im Fall eines Kündigungsschutzprozesses.

Kernpunkte der verhaltensbedingten Kündigung

Die verhaltensbedingte Kündigung ist ein rechtlich komplexer Prozess, der eine sorgfältige Dokumentation und Begründung erfordert. Die Beweislast liegt stets beim Arbeitgeber, der die Pflichtverletzungen detailliert nachweisen muss. 

Eine vorherige Abmahnung ist in den meisten Fällen notwendig, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Verhaltensänderung zu geben. Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat, muss dieser vor der Kündigung angehört werden. Aufgrund der zahlreichen rechtlichen Fallstricke empfiehlt es sich, frühzeitig die Beratung eines auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalts in Anspruch zu nehmen, um Fehler zu vermeiden und die Erfolgsaussichten im Kündigungsschutzprozess zu erhöhen.

Wenn Sie Unterstützung bei der Vorbereitung oder Durchführung einer verhaltensbedingten Kündigung benötigen, stehe ich Ihnen gerne als erfahrene Fachanwältin für Arbeitsrecht zur Seite. Kontaktieren Sie mich gerne für eine individuelle Beratung.

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